Letzte Aktualisierung am 5. Dezember 2024
In aller Kürze
- Wie von der EFRAG bestätigt, sind die ESRS so weit wie möglich in Anlehnung an die GRI-Standards konzipiert
- Die Angleichung sendet ein klares Signal an Nachhaltigkeitsexpert:innen, die eine harmonische Integration von GRI-Standards und ESRS gefordert haben
- Im Juni 2024 wurde ein GRI-ESRS Linkage Service (Analyse und Beratungsservice) für Unternehmen veröffentlicht
- Der GRI-ESRS-Interoperabilitätsindex, der die beiden Standards gegenüberstellt, kann seit November 2024 heruntergeladen und genutzt werden
In der dynamischen Welt der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind die Global Reporting Initiative (GRI) Standards weithin anerkannte Nachhaltigkeitsstandards, die Unternehmen auf der ganzen Welt einen zuverlässigen Rahmen und Orientierungshilfe bieten.
Mit der Einführung der Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS), die durch die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) vorgeschrieben sind, entwickelt sich die Reporting-Landschaft weiter, so dass sich so manche in der EU tätige Unternehmen an der Schnittstelle zwischen GRI und ESRS wiederfinden werden.
In einem wichtigen Schritt zur Harmonisierung der Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung haben GRI und EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) im November 2023 eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Diese Vereinbarung gibt Unternehmen, die bereits nach GRI berichten, die Sicherheit, dass sie ihre derzeitigen Berichterstattungsprozesse für die ESRS nutzen können. Aus dieser gemeinsamen Zusammenarbeit ist ein Jahr später, im November 2024, der GRI-ESRS-Interoperabilitätsindex sowie das GRI-ESRS Standards Data Point Mapping entstanden. Diese stellen die verschiedenen Standards jeweils gegenüber. Aktuell sitzen GRI und EFRAG an einer einheitlichen XBRL-Taxonomie, um die Genauigkeit und Zugänglichkeit von Nachhaltigkeitsdaten zu verbessern. Details dazu finden Sie im Abschnitt Harmonisierung der XBRL-Taxonomie für ESRS und GRI
Es ist wichtig, das Zusammenspiel zwischen GRI und ESRS zu verstehen, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. In diesem Blogartikel erläutern wir, wie Sie auf Ihren bestehenden GRI-Berichtsprozessen aufbauen können, um sich auf die Erfüllung der bevorstehenden Anforderungen der ESRS vorzubereiten.
GRI-Standards: Ein solides Fundament
GRI bietet Unternehmen weltweit Richtlinien und Standards für eine standardisierte und transparente Berichterstattung über ihre nachhaltigkeitsbezogenen Informationen.
Die GRI-Standards bestehen aus Leitlinien und Indikatoren für die Berichterstattung über ökologische, soziale und Governance-Leistungen und -Auswirkungen.
Die Standards helfen Unternehmen dabei,
- (1) wesentliche Themen zu identifizieren, die für ihre Geschäftstätigkeit und die Belange ihrer Stakeholder relevant sind,
- (2) Ziele festzulegen und
- (3) die Fortschritte im Laufe der Zeit zu messen.
Unternehmen auf der ganzen Welt haben die GRI als Goldstandard angenommen und ihren Ansatz in ihre Berichterstattungspraktiken integriert. Die GRI-Standards berücksichtigen die vielfältigen Aspekte der Nachhaltigkeit und bieten nicht nur einen Rahmen, sondern auch ein Narrativ, das auf globaler Ebene Anklang findet.
Die Problematik doppelter Berichterstattung: Navigieren zwischen globalen (GRI) und europäischen (CSRD) Anforderungen
Eine dringende Frage für alle Nachhaltigkeitsteams, die bereits nach GRI berichten, ist, ob die CSRD mit den ESRS "doppelte Berichtsanforderungen" mit sich bringt. Laut GRI können Unternehmen, die bereits nach GRI-Standards berichten, die ESRS-Anforderungen in ihre bestehenden Prozesse integrieren.
Die Global Reporting Initiative (GRI) ist sich der Problematik einer erhöhten Berichtslast aufgrund neuer Anforderungen bewusst und arbeitet aktiv mit der Europäischen Kommission zusammen, um zusätzliche Anforderungen zu minimieren. Die Strategie der Europäischen Kommission entspricht der Idee, auf bestehenden Standards aufzubauen, anstatt das Rad neu zu erfinden. Die GRI-Praktiken werden als wertvolle Ressourcen betrachtet, die in die Berichterstattungsprozesse des ESRS-Frameworks integriert werden.
Folglich können die GRI-Standards als nützliches Vorbereitungsinstrument für die CSRD-Berichterstattung dienen. Unternehmen, die die GRI-Berichtsstandards anwenden, können sicher sein, dass ihre derzeitigen Prozesse den ESRS-Anforderungen gerecht werden.
In der neuesten Veröffentlichung über die Zusammenarbeit der GRI mit EFRAG wird dies noch einmal betont: “Die Interoperabilität zwischen GRI und ESRS verhindert die Notwendigkeit einer doppelten Berichterstattung. Unternehmen können ihre bestehenden GRI-Berichtsverfahren und -praktiken nutzen, um die Anforderungen der CSRD zu erfüllen und zu ergänzen.”
Die ESRS-Standards werden schrittweise erweitert, und die Nutzung der GRI-Berichterstattung stellt sicher, dass die Unternehmen auf die kommenden Verpflichtungen vorbereitet sind.
Die Zusammenarbeit zwischen der GRI und der EFRAG bzw. der IFRS Foundation zielt darauf ab, einen Kernbestand an gemeinsamen Angaben und eine gemeinsame Terminologie zu entwickeln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bewertung der externen Auswirkungen bzw. dem Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf eine Organisation oder auf beiden Themen.
Durch den kooperativen Ansatz soll der Aufwand für die Berichterstattung erheblich verringert und gleichzeitig die Transparenz und Verfügbarkeit glaubwürdiger und vergleichbarer Nachhaltigkeitsdaten verbessert werden. Diese Partnerschaft erkennt die Vorteile für alle Interessengruppen und Informationsnutzende an, darunter auch Investoren und berichtende Unternehmen.
Ein genauerer Blick auf die ESRS: Neuerungen und Unterschiede zu GRI
Die ESRS sind für die erste Gruppe von Unternehmen seit 2024 rechtlich bindend, was einen wichtigen Meilenstein für die Datenverfügbarkeit und -vergleichbarkeit darstellt. Obwohl die GRI-Standards weltweit angewandte Standards sind, handelt es sich um eine freiwillige Berichterstattung; Unternehmen sind nicht gesetzlich verpflichtet, nach den GRI-Standards zu berichten. In der EU werden die ESRS ein grundlegender Bestandteil der systematischen Berichterstattungsroutinen für Unternehmen werden.
EFRAG sorgt zwar für eine Angleichung an die GRI-Standards, wo immer dies möglich ist, doch sind Unterschiede zwischen den beiden Standards ersichtlich. Diese Unterschiede können sich auf die Granularität und den Datentyp, den Anwendungsbereich oder die Definition der Standards beziehen. Die expliziten Unterschiede (und die Übereinstimmungen) lassen sich in dem veröffentlichen GRI-ESRS-Interoperabilitätsindex und in dem GRI-ESRS Standards Data Point Mapping einsehen.
Die ESRS führen beispielsweise Neuerungen im Vergleich zu den wirkungsorientierten GRI-Standards ein, wie etwa eine umfangreichere Liste von ESG-Datenpunkten nach der doppelten Wesentlichkeitsanalyse.
Im Folgenden haben wir einige Beispiele für Unterschiede aufgeführt:
ESRS 1 Allgemeine Anforderungen versus GRI 1 Grundlagen
- Die ESRS-Nachhaltigkeitsberichterstattung ist hinsichtlich der Anforderungen an das Berichtsformat strenger als die GRI.
- Die ESRS verlangen eine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse, einschließlich der Wirkungs- und der Finanzperspektive, während sich die GRI-Standards auf die Wirkungsperspektive (Impact Materiality) konzentrieren.
- Die ESRS verlangen, dass die Wesentlichkeit auf allen Ebenen angewendet wird, einschließlich Themen, Unter-Themen, Unter-Unter-Themen, sowie Auswirkungen und Chancen, während sich die GRI-Standards auf die Wesentlichkeit auf der Themenebene beziehen.
ESRS E1 Klimawandel versus GRI 302 Energie
Die Unterschiede zwischen ESRS E1-5 und GRI 302-1, die sich beide mit Daten zum Energieverbrauch befassen, sind die Art und Weise, in der die Energieverbrauchsdaten aggregiert und disaggregiert werden.
ESRS E1 Klimawandel versus GRI 305 Emissionen
Während ESRS E1-6 verlangt, dass Sie das Intensitätsverhältnis für die gesamten Treibhausgasemissionen (engl. Greenhouse Gas Emissions, short "GHG") mit den Geltungsbereichen Scope 1, 2 und 3 berichten, müssen Sie nach GRI 305-4 das Intensitätsverhältnis der Treibhausgasemissionen aus Scope 1 und 2 getrennt von den Emissionen aus Scope 3 berichten.
ESRS S1 Arbeitskräfte des Unternehmens versus GRI 403 Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
GRI 403-1a verlangt, dass Sie über die gesetzlichen Anforderungen und Management-Systemstandards berichten, auf die sich Ihr System stützt, während die ESRS solche Informationen nicht verlangen, da dieser Aspekt von der Europäischen Union geregelt wird.
ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften versus GRI 411 Rechte indigener Völker
GRI 411-1 verlangt quantitative Daten über die Anzahl der Vorfälle; ESRS S3 erfordert qualitative Daten in Form von narrativen Angaben.
ESRS G1 Unternehmensführung versus GRI 414 Soziale Bewertung von Lieferanten
Während GRI 414-1 quantitative Daten zum Screening neuer Lieferanten auf der Grundlage sozialer Kriterien fordert, verlangt ESRS G1-2 eine Offenlegung im narrativen Format.
Wesentlichkeit in den verschiedenen Standards
Wesentliche Themen, wie sie von den GRI-Standards definiert werden, gehen über die herkömmliche finanzielle Wesentlichkeit hinaus, die für Unternehmen gilt.
GRI konzentriert sich auf Impact Materiality. Das bedeutet, dass diejenigen Themen als wesentlich identifiziert werden, welche die größten Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen, einschließlich ihrer Menschenrechte, darstellen. Diese Wirkungsperspektive betrachtet die Wesentlichkeit als die nach außen gerichteten Auswirkungen der Organisation auf die sozioökonomischen Konstrukte in ihrem Umfeld.
Die sektorenspezifischen Standards nach GRI, sofern verfügbar, dienen als wertvolle Referenz für die wesentlichen Themen, die für bestimmte Sektoren relevant sind. Jede Organisation verfeinert ihre wesentlichen Themen in Zusammenarbeit mit den relevanten Stakeholdern, wobei sie sich von ihrem jeweiligen Kontext leiten lässt.
Impact Materiality nach ESRS (deutsch: Wesentlichkeit der Auswirkungen) unterscheidet zwischen negativen und positiven Auswirkungen. In Anlehnung an die GRI-Leitlinien werden tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen beschrieben, wobei der Schweregrad durch das Ausmaß, den Umfang und den nicht behebbaren Charakter bestimmt wird. Im November 2024 wurde bekannt gegeben, dass EFRAG die Definition der GRI für die Impact Materiality übernommen hat.
Darüber hinaus beziehen die ESRS die finanzielle Wesentlichkeit (Financial Materiality) mit ein und wenden die IFRS Sustainability Disclosure Standards an, die auf die Bedürfnisse von Investoren und Kapitalmärkten zugeschnitten sind. Dazu gehört auch die Bewertung der finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf Ihr Unternehmen.
Die Kombination beider Perspektiven, der Wesentlichkeit der Auswirkungen (Impact Materiality) und der finanziellen Wesentlichkeit (Financial Materiality), wird im Zusammenhang mit der CSRD als doppelte Wesentlichkeit bezeichnet.
Mit den ESRS wurde ein Due-Diligence-Verfahren eingeführt, das die Auswirkungen, Risiken und Chancen in der Wesentlichkeitsanalyse betrachtet. Es bezieht sich auf zwei internationale Instrumente: die UN (United Nations) Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Leitsätze für multinationale Unternehmen.
Dieses Due-Diligence-Verfahren verleiht der Wesentlichkeitsanalyse im Rahmen der ESRS eine zusätzliche Robustheit, die den weltweit anerkannten Grundsätzen und Leitlinien entspricht.
Abbildung der GRI- und ESRS-Berichtsanforderungen
Mit Blick auf die praktischen Belange von Nachhaltigkeitsexpert:innen wollen GRI und EFRAG detaillierte technische Leitlinien für die Zuordnung der GRI-Standards zu den ESRS-Anforderungen bereitstellen.
Am 22. November 2024, ein Jahr nach der erstmaligen Ankündigung, wurde der GRI-ESRS-Interoperabilitätsindex veröffentlicht. Dies ist ein Mapping-Tool, welches die ESRS-Standards auf die passenden GRI-Standards zuordnet, um Klarheit für berichtende Unternehmen zu schaffen. Weiterhin haben GRI und EFRAG ein GRI-ESRS Standards Data Point Mapping heraus gebraucht, das die GRI-Standards auf die jeweiligen ESRS-Standards zuordnet.
Beide Tools zielen darauf ab:
- die Wechselbeziehung zwischen den Offenlegungsanforderungen und den Datenpunkten in den einzelnen Standards darzustellen
- Sie in die Lage zu versetzen, GRI-Standards als Referenz in Ihre ESRS-Berichterstattung einzubeziehen
- Sie dabei zu unterstützen, Ihre laufenden Berichterstattungsbemühungen für die Erstellung Ihres CSRD-Nachhaltigkeitsberichts zu nutzen
- eine solide Grundlage für eine gemeinsame digitale Taxonomie zu schaffen
Die Zuordnung unterstreicht die grundlegenden Gemeinsamkeiten, die bereits zwischen den beiden Standards hergestellt wurden. Ihre Interoperabilität macht eine doppelte Berichterstattung überflüssig und schafft ein benutzerfreundliches Meldesystem ohne unnötige Komplexität.
Unternehmen, die nach CSRD berichten, können als Unternehmen betrachtet werden, die "mit Bezug" auf die GRI-Standards berichten, sodass Sie die laufende GRI-Berichtserstattung für die Erstellung Ihres ESRS-Nachhaltigkeitsberichts nutzen können.
Wichtig: Der GRI-ESRS Standards Data Point Mapping ist aktuell nur eine “Prefinal Draft” Version und muss noch vom EFRAG Sustainability Reporting Board (EFRAG SRB) genehmigt werden. Daher kann es noch zu Änderungen kommen.
Im Juni 2024 wurde der GRI-ESRS Linkage Service eingeführt, um Unternehmen bei der Anpassung ihrer GRI-Berichterstattung an die ESRS zu unterstützen. Der Service bietet eine Analyse der Verknüpfungen zwischen GRI- und ESRS-Datenpunkten sowie Feedback zur Optimierung und Umstrukturierung bestehender Nachhaltigkeitsberichte gemäß den ESRS-Anforderungen. Anfragen können über ein Online-Formular eingereicht werden.
Harmonisierung der XBRL-Taxonomie für ESRS und GRI
Die XBRL-Taxonomie ist ein standardisiertes digitales Format, das entwickelt wurde, um Berichterstattungsdaten strukturiert zu erfassen, zu übermitteln und zu analysieren. Sie hilft Unternehmen, Nachhaltigkeits- und Finanzberichte transparenter und effizienter zu gestalten, wodurch die Vergleichbarkeit und Nutzbarkeit der Daten für Stakeholder erheblich steigt.
Um die digitale Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter voranzubringen, arbeiten GRI und EFRAG derzeit an einer einheitlichen XBRL-Taxonomie. Diese Harmonisierung erleichtert den Übergang von traditionellen Berichtsformaten zu digitalen Plattformen und verbessert gleichzeitig die Genauigkeit sowie Zugänglichkeit der Daten. Ziel ist es, Nachhaltigkeitsinformationen klar, umfassend und leicht verständlich für alle Stakeholder aufzubereiten.
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